Das 1×1 der GmbH-Gründung – Teil 6: Wenn die Pleite zum Problem wird: Ein Blick auf die „typischen“ Insolvenzstraftaten im StGB – Mit Beispielen aus der Praxis
Bearbeitungsstand: Juli 2025
95% der GmbH-Geschäftsführer wissen nicht, was eine GmbH ist.
Für wen schreibe ich diese Informationen?
Wenn Sie dies hier lesen, gehe ich davon aus, dass Sie entweder Unternehmer sind oder das 1×1 der Gründung schon gelesen haben.
Inhalt
Wenn die Pleite zum Problem wird: Ein Blick auf die „typischen“ Insolvenzstraftaten im StGB – Mit Beispielen aus der Praxis
Insolvenz – für viele Unternehmer und Privatpersonen ein Horrorszenario. Doch nicht immer ist eine Pleite nur das Ergebnis unglücklicher Umstände oder wirtschaftlicher Fehlentscheidungen. Manchmal stecken dahinter Straftaten, die das Drama noch verschärfen und weitreichende Konsequenzen haben können. Das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) kennt eine Reihe von Delikten, die im Kontext einer Insolvenz besonders relevant werden. Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf die „Klassiker“ werfen, bei denen das Spiel mit der Zahlungsunfähigkeit eine strafrechtliche Wendung nimmt.
Die „Big Ten“ der Insolvenzstraftaten: Vorsicht ist besser als Nachsicht!
Nummer 1: § 283 StGB – Der Bankrott: Der „König“ der Insolvenzstraftaten
Praxisbeispiel:
Herr Müller führt ein Restaurant, das schlecht läuft. Um die drohende Insolvenz zu verschleiern und Vermögen vor den Gläubigern zu retten, verkauft er heimlich die teuren Küchengeräte unter Wert an einen Freund und lagert wertvolle Weine in seinem Privatkeller ein, ohne dies zu verbuchen. Kurze Zeit später meldet er Insolvenz an. Das bewusste Beiseiteschaffen von Betriebsvermögen ist hier eine klare Bankrotthandlung.
Nummer 2: § 283b StGB – Verletzung der Buchführungspflicht: Wenn Zahlen lügen lernen
Praxisbeispiel:
Frau Schmidt betreibt eine kleine Agentur. Als es finanziell eng wird, vernachlässigt sie ihre Buchhaltung komplett. Rechnungen werden nicht erfasst, Belege verschwinden, und die Geschäftsvorfälle sind nicht mehr nachvollziehbar. Als die Insolvenz eintritt, kann der Insolvenzverwalter aufgrund der fehlenden und chaotischen Unterlagen nicht erkennen, welche Vermögenswerte noch vorhanden sind oder wo Gelder geblieben sind. Das ist eine klassische Verletzung der Buchführungspflicht.
Nummer 3: § 266a StGB – Vorenthalten von Arbeitsentgelten: Der „Klassiker“ unter den Klassikern
Praxisbeispiel:
Die Baufirma von Herrn Klein gerät in Zahlungsschwierigkeiten. Um Löhne zahlen zu können und den Betrieb am Laufen zu halten, behält er die fälligen Sozialversicherungsbeiträge seiner Angestellten ein, überweist sie aber nicht an die Krankenkassen. Auch die Lohnsteuer führt er nicht ab. Dies ist ein häufig vorkommendes Delikt, bei dem Arbeitgeber die Notlage ausnutzen, um kurzfristig Liquidität zu gewinnen – mit ernsten strafrechtlichen Folgen.
Nummer 4: § 263 StGB – Betrug: Die Täuschung zum eigenen Vorteil
Praxisbeispiel:
Herr Weber weiß, dass sein Handelsunternehmen kurz vor dem Aus steht. Trotzdem bestellt er bei verschiedenen Lieferanten noch große Mengen Ware auf Rechnung, obwohl er von vornherein weiß, dass er diese nicht bezahlen kann. Die Absicht, sich durch Täuschung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, obwohl die Zahlungsunfähigkeit bekannt ist, erfüllt den Tatbestand des Betrugs.
Nummer 5: § 265b StGB – Kreditbetrug: Wenn Kredite zur Falle werden
Praxisbeispiel:
Eine GmbH benötigt dringend einen Überbrückungskredit von der Bank. Der Geschäftsführer fälscht daraufhin die Bilanzen der letzten Geschäftsjahre und weist unrealistisch hohe Gewinne und Vermögenswerte aus, um die Kreditwürdigkeit des Unternehmens vorzutäuschen. Obwohl der Kredit eventuell sogar zurückgezahlt wird, ist allein der Versuch, durch falsche Angaben einen Kredit zu erhalten, strafbar.
Nummer 6: § 266 StGB – Untreue: Missbrauch des Vertrauens
Praxisbeispiel:
Die Geschäftsführerin einer gemeinnützigen Organisation, Frau Schulz, sieht die Insolvenz ihres Vereins kommen. Sie hebt kurz vor dem Insolvenzantrag einen Großteil des verbleibenden Vereinsvermögens ab und überweist es auf ihr privates Konto, angeblich als „vorgezogene Gehaltszahlung“ oder „Spesen“. Sie missbraucht hier ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Verein zum eigenen Vorteil und zum Nachteil der Gläubiger.
Nummer 7: § 283c und §283d StGB – Gläubiger- / Schuldnerbegünstigung: Die Ungleichbehandlung der Gläubiger
Praxisbeispiel:
Herr Lehmann ist insolvent. Er hat noch 10.000 Euro auf dem Konto und weiß, dass er damit nicht alle Gläubiger bedienen kann. Statt das Geld dem Insolvenzverwalter zu übergeben, überweist er den gesamten Betrag an seinen besten Freund, der ihm auch Geld geliehen hatte, um dessen Forderung vollständig zu begleichen. Die anderen Gläubiger gehen leer aus. Das ist eine Gläubigerbegünstigung, da er einen Gläubiger gegenüber anderen bevorzugt behandelt.
Nummer 8: § 288 StGB – Vereitelung einer Zwangsvollstreckung: Der Versuch, sich unsichtbar zu machen
Praxisbeispiel:
Gegen Herrn Fischer liegt ein gerichtlicher Vollstreckungsbescheid vor, weil er seine Schulden nicht bezahlt. Um zu verhindern, dass der Gerichtsvollzieher seine wertvolle Oldtimer-Sammlung pfändet, verkauft er die Fahrzeuge schnell und zu einem Schleuderpreis an seinen Bruder, bevor der Gerichtsvollzieher eintrifft. Er verschleiert hier sein Vermögen, um die Zwangsvollstreckung zu vereiteln.
Nummer 9: § 246 StGB – Unterschlagung: Was weg ist, ist (leider) nicht immer weg
Praxisbeispiel:
Frau Meier betreibt ein kleines Antiquitätengeschäft. Als sie merkt, dass die Insolvenz bevorsteht, nimmt sie einige besonders wertvolle Stücke aus dem Laden und versteckt sie bei sich zu Hause, anstatt sie in die Insolvenzmasse einzubringen. Sie eignet sich fremdes Eigentum, das eigentlich zur Befriedigung der Gläubiger dienen sollte, rechtswidrig an.
Nummer 10: § 248b StGB – Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs: Der kuriose „Ausreißer“
Praxisbeispiel:
Ein Bauunternehmer meldet Insolvenz an. Zum Betriebsvermögen gehört ein teurer Firmen-SUV. Kurz vor der Beschlagnahmung durch den Insolvenzverwalter „verleiht“ der Unternehmer das Fahrzeug an seinen Neffen für eine längere Urlaubsreise, um es dem Zugriff zu entziehen. Hier geht es um den unbefugten Gebrauch, der das Fahrzeug dem Zugriff der Insolvenzmasse entzieht.
Fazit – Insolvenz ist kein Freifahrtschein und kein Zuckerschlecken
Die Insolvenzstraftaten zeigen deutlich: Eine finanzielle Schieflage ist keine Entschuldigung für strafbare Handlungen. Im Gegenteil, gerade in solchen Situationen ist besondere Sorgfalt und Rechtschaffenheit geboten. Wer versucht, sich durch Manipulation, Täuschung oder Missbrauch von der Verantwortung zu stehlen, riskiert nicht nur seinen Ruf, sondern auch seine Freiheit. Wenn Sie erst einmal straffällig geworden sind, können wir Ihnen in der Regel als Unternehmensberatung auch nicht mehr helfen.
Es ist daher unerlässlich, sich bei drohender oder eingetretener Insolvenz rechtzeitig professionelle Hilfe zu suchen. Ein Insolvenzverwalter oder ein auf Insolvenzrecht spezialisierter Anwalt kann helfen, Fehler zu vermeiden und den Prozess so rechtssicher wie möglich zu gestalten. Denn am Ende gilt: Lieber ein ehrlicher Neubeginn als ein Ende mit Schrecken vor Gericht!
